Fit im Alter – Physiotherapie für alte Hunde

Damit dein Hund auch im Alter noch fit und lebenslustig sein Leben genießen kann, kann Hundephysiotherapie eine gute Unterstützung sein. Was sind die Besonderheiten bei der Physiotherapie für alte Hunde? Worauf muss man dabei achten? Und wie kannst du im Alltag deinen Hund mit kleinen Übungen unterstützen? Diese Fragen möchte ich dir im folgenden Artikel beantworten.

Der Alterungsprozess des Hundes

In meinem ersten Artikel über Physiotherapie für Hunde habe ich dir einen Überblick darüber gegeben, was Hundephysiotherapie generell leisten kann. Bei unseren Hundesenioren gibt es allerdings einige Besonderheiten, die durch den Alterungsprozess an sich definiert werden und bei der Therapie berücksichtigt werden müssen.

Schauen wir uns dazu einmal die Lebensphasen des Hundes an:

  • Welpen-, Junghundperiode
  • Leistungsphase
  • Rückbildungsphase (Altersphase)
  • Senium (Greisenalter)

Die beiden letztgenannten Phasen bilden das „Alter“. Der Beginn der Rückbildungsphase ist je nach Hundegröße unterschiedlich. Natürlich gibt es dabei auch immer individuelle Unterschiede, aber grundsätzlich siedelt man den Anfang der 3. Phase bei

  • großen Rassen bei ca. 6-7 Jahren,
  • mittelgroßen Rassen bei ca. 7-8 Jahren
  • kleinen Rassen bei ca. 9-12 Jahren an.

Hier kannst du nachlesen, wie man Hundejahre in Menschenjahre umrechnet.

Die Besonderheit des Alters liegt, wie der Begriff „Rückbildungsphase“ impliziert, darin, dass im Körper zunehmend Abbau- statt Aufbauprozesse stattfinden.  Dies bedeutet für die Altersphasen:

  • die Regenerationsfähigkeit nimmt ab
  • degenerative Erkrankungen (Verschleißerkrankungen, u. U. mit schmerzhaften Symptomen) häufen sich
  • die Herz-/Kreislaufbelastbarkeit sinkt
  • dadurch kommt es zu sinkender Leistungsfähigkeit im Allgemeinen
  • und zu einem sinkenden Bewegungsdrang (was sich dann wie in einem Kreislauf wiederum negativ auf die ohnehin nachlassenden Fähigkeiten auswirkt).

Das Greisenalter ist der allerletzte Lebensabschnitt. Wie leistungsfähig der Hund dann noch ist, ist sehr individuell. Mit meinem Seniorhund Jasper vom Titelbild, der jetzt 14,5 Jahre alt ist, könnte ich beispielsweise die weiter unten beschriebenen Übungen nicht mehr ausführen. Er genießt Massagen, Wärme- und Magnetfeldtherapie zur Anregung des Stoffwechsels und Entspannung. Für Fotomodell Rica mit ihren 11 Jahren sind sie hingegen ein Klacks.

Was bedeutet das für die Hundephysiotherapie im Alter?

Diese Entwicklung bedeutet: Es ist bei der Hundephysiotherapie für unsere alten Hunde nicht mehr primäres Ziel, einen extremen Leistungsaufbau zu generieren. Es geht nun in erster Linie darum, Schmerzen zu lindern, den Beweglichkeitsstatus zu erhalten (vielleicht in gewissen Grenzen sogar noch minimal zu steigern) und dadurch die Lebensqualität des Hundes zu verbessern. Davon profitiert übrigens auch die Psyche deines alten Hundes – ein wichtiger Aspekt im Alter, wenn die körperlichen Fähigkeiten langsam nachlassen.

Ein Hund, der seinen Kopf auf eine ausgestreckte Hand gelegt hat
Wenn die körperliche Leistungsfähigkeit nachlässt, kann sich das auf die Psyche auswirken.

Anatomisch gesehen geht es vor allem um die Mobilisierung der Gelenke und die Funktionsverbesserung der Muskulatur durch Dehnung und moderate Kräftigung. Wie wir auch von uns selber wissen, stabilisiert eine starke Muskulatur die Gelenke und kann so dazu beitragen, Verschleißerkrankungen beim Hund wie beispielsweise Spondylose oder Arthrose zu verlangsamen.

Die Anregung von Stoffwechselvorgängen ist ebenfalls ein sinnvoller Bereich der Therapie, da dadurch die Versorgung von Körperstrukturen mit Sauerstoff und Nährstoffen verbessert werden kann und durch erhöhten Schlackenabtransport Schmerzen gelindert werden.

Die Physiotherapie für alte Hunde findet häufig als Langzeitbehandlung statt, da eine dauerhafte Unterstützung angezeigt ist, um Abbauprozesse aufzuhalten. Du kannst auch zuhause viel dazu beitragen, dass sich der Gesundheitstatus‘ deines Hundes möglichst lange hält. Weiter unten bekommst du dazu noch ein paar Tipps für einfache Übungen, die du mit deinem Hund durchführen kannst.

Optimalerweise beginnt man mit der Physiotherapie bereits dann, wenn der alte Hund noch keine schwerwiegenden Einbußen in der Beweglichkeit zeigt. Je früher eine Mobilisierung und Stabilisierung beginnt, desto fitter tritt der Hund in die Altersphase ein. Dadurch lassen sich typische Alterungsprozesse ein wenig verlangsamen. Wie beim Menschen im gesundheitlichen Bereich, so gilt auch bei unseren vierbeinigen Gefährten: Fitness ist die beste Altersvorsorge.

Was muss bei der Therapie von Seniorhunden beachtet werden?

Die wichtigsten Leitsätze für Hundephysiotherapie mit alten Hunden lauten: Lockere Bewegung unter möglichst geringer Belastung (das Unterwasserlaufband bietet dafür eine sehr gute Möglichkeit, da der Auftrieb des Wassers die Gelenke des Hundes entlastet). Die Behandlung muss immer unterhalb der Schmerzgrenze erfolgen und der alte Hund darf unter keinen Umständen überlastet werden (dabei muss insbesondere auch auf herz-/kreislaufbedingte Ermüdungserscheinungen geachtet werden).

Schwarzer Mischlingshund liegt mit seinem Kopf auf einem Stein
Alte Hunde sind weniger leistungsfähig und benötigen mehr Zeit zur Regeneration

Die Übungsintensität wird, ausgehend von einem niedrigen Anfangsniveau, sehr langsam gesteigert. Es muss genügend Zeit für die Regeneration eingeplant werden, sowohl während als auch nach jeder Behandlungseinheit.

Vor jedem Training mit aktiven Übungen sollte stets eine Aufwärmphase absolviert werden. Dafür kann beim alten Hund ausreichen, 10 Minuten auf ebenem Untergrund Schritt zu gehen.

Aktive Übungen sollten grundsätzlich unter kontrollierten Bedingungen stattfinden, falls nötig, sollte der Hund dazu angeleint geführt werden. Viele Therapeuten empfehlen dafür ein gut sitzendes Brustgeschirr.

Falls Übergewicht im Alter deines Hundes eine Rolle spielt, sollte unbedingt an einer Gewichtsreduzierung gearbeitet werden. Dies allerdings sehr langsam und schonend, um den Gesamtzustand deines Hundes nicht zu schwächen.

Alltagstaugliche Übungen für zwischendurch

Bevor du mit deinem Seniorhund ein gezieltes Fitnessprogramm startest, solltest du einen Tierarzt oder Hundephysiotherapeuten konsultieren. Dieser kann den momentanen gesundheitlichen Zustand deines Hundes einschätzen und zu bestimmten Übungen raten, andere aber durchaus auch ausschließen. Es gibt bei vielen physiotherapeutischen Übungen nämlich auch Kontraindikationen, bei denen von einer Durchführung abzuraten ist. Dein Therapeut kann dir Übungen empfehlen, die auf den Zustand deines Hundes und seinen Förderbedarf gezielt zugeschnitten sind.

Ich erkläre dir hier drei einfache Übungen für den Alltag, die mit den meisten Hunden aber problemlos durchführbar sind. Diese Übungen haben Dehnung, Mobilisierung und Stärkung zum Ziel und sollen langsam und kontrolliert ausgeführt werden, falls notwendig leine deinen Hund dafür an. Wärme ihn vorab etwas auf, indem du wenigstens 10 Minuten spazieren gehst.

Gewichtsverlagerung und Dehnung auf Podest

Hunde tragen ca. 66% ihres Körpergewichtes mit den Vorderbeinen, die Hinterhand ist hauptsächlich für den Schub zuständig. Für eine Entlastung der Vor- und eine gezielte Kräftigung der Hinterhand wähle einen niedrigen Podest, etwa einen Baumstumpf oder großen Stein und lasse deinen Hund mit den Vorderbeinen darauf steigen. Dadurch muss die Hinterhand mehr Gewicht aufnehmen, was zu einer Muskelkräftigung führt. Nun bewege deinen Hund mithilfe eines Leckerchens dazu, sich weit nach vorne zu strecken. Dadurch dehnt er die gesamte Kehl- sowie die Brust-, Bauch und Lendenmuskulatur. Die gegenläufige Bewegung: Veranlasse deinen Hund dazu, sich nach oben hinten zu strecken (nicht den Kopf extrem in den Nacken überstrecken!). Dabei werden die Vorderbeine größtenteils entlastet und die Hinterhand nimmt zusätzlich Gewicht auf, was die Muskulatur kräftigt. Beide Positionen sollten einen Moment gehalten werden. Die Abwechslung der Bewegungen fordert zudem die Koordination des Gleichgewichts deines Hundes.

Bergauf-/Bergablaufen

Besitzer und Hund nutzen Hügel und Gefälle wie Böschungen zum Training des alten, braunen Hundes
Die Landschaft für Übungen nutzen

Steigungen gibt es draußen immer zu bewältigen. Wusstest du, dass dein Hund beim Bergauflaufen ganz automatisch seine Hinterhandmuskulatur trainiert? Du kannst dies gezielt einsetzen, indem du Strecken auswählst, die Steigungen bieten. Um deinen Hund beim Bergablaufen etwas zu schonen, falls er Probleme mit den Vordergliedmaßen hat, kannst du weite Serpentinen laufen, das belastet die Vorderbeine nicht so sehr wie ein steiles Gefälle.

Stangentraining

Brauner Hund läuft mit Frauchen an der Leine über verschiedene Baumstämme und Äste um die Koordination zu trainieren
Sehr gut sieht man hier die Beugung der Gelenke der Gliedmaßen.

Wie praktisch, dass draußen deine Trainingsutensilien zur freien Verfügung herumliegen! Sammle dir einfach einige längere Äste und lege sie als Stangenparcours nebeneinander auf den (möglichst ebenen) Boden. Achte darauf, dass dein Hund sich nicht an kleinen Querästchen verletzen kann! Du kannst die Stangen auch an beiden oder nur einer Seite etwas erhöht legen, sie sollten aber nicht wesentlich höher als das Karpalgelenk deines Hundes sein (das ist das erste Gelenk am Vorderbein direkt über der Pfote). Dein Hund soll nämlich keinesfalls springen, sondern langsam, ein Bein nach dem anderen die Stangen übersteigen. Je höher die Stangen, desto anstrengender ist das für ihn (desto eher versucht er aber vielleicht auch einen Sprung – also: gut aufpassen!) Zu Beginn wähle die Höhe sehr niedrig und den Abstand zwischen den Stangen so, dass er eine gute Körperlänge deines Hundes beträgt. Dadurch kann er nacheinander Stange für Stange angehen. Um die Schwierigkeit später zu erhöhen und zusätzlich die Koordination deines Hundes zu fördern, verkleinerst du die Abstände einfach, so dass die Hinterbeine deines Hundes noch mit der ersten Stange beschäftigt sind, während die Vorderbeine bereits die nächste erreicht haben. Du kannst auch die Höhe der Stangen unterschiedlich gestalten.

Frauchen geht mit ihrem Hund an der Leine über Baumstämme und Äste. So bewegt der Hund automatisch alle Gelenke.
Kontrolliertes Steigen über Stangen fördert Gelenkbeweglichkeit, Muskelkraft und Konzentration.

Bei dieser Übung ist es besonders wichtig, dass sie langsam und kontrolliert ausgeführt wird, um kein Verletzungsrisiko einzugehen. Erhöhst du nur eine Seite der Stangen wie auf den Bildern zu sehen, so müssen die Beine der rechten und der linken Seite deines Hundes unterschiedlich starke Gelenksbeugungen beim Darübersteigen ausführen. Sie ist daher eine gute Mobilisationsübung und auch noch was fürs Köpfchen.

Fazit – Physiotherapie für alte Hunde

Was die Besonderheiten der Physiotherapie bei alten Hunden darstellen, die durch die Abbauprozesse im Alter geprägt sind, konntest du in diesem Artikel lesen. Die oben aufgezeigten Übungen kannst du durchaus auch schon mit jüngeren Hunden durchführen. Je fitter dein Hund in seinen letzten Lebensabschnitt startet, desto günstiger stehen die Prognosen, dass er seine Lebensqualität auch im Alter auf einem hohen Niveau halten kann.

Wie erlebst du das Alter deines Hundes?

Nutzt ihr Hundephysiotherapie?

Habt ihr vielleicht sogar bestimmte Lieblingsübungen, die deinem Hund Spaß machen und körperlich helfen?

Hinterlasst uns gerne einen Kommentar dazu.

Bild:

Photo by Marina E./ Anja Möbes
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