Ist es schlimm, wenn mein Hund knurrt?

Hunde, die bellen, beißen nicht.

So behauptet es ein Sprichwort. Wie sieht es aber aus, wenn dich ein fremder oder sogar dein eigener Vierbeiner anknurrt: Ist das schlimm und solltest du ihn dafür bestrafen?

Wenn ein Hund knurrt, ist es wichtig, zu verstehen, warum er das tut. Das ist notwendig, damit du richtig darauf reagieren kannst.

Was das Knurren bedeuten kann und wie du damit umgehen solltest, erfährst du in diesem Artikel.

Warum knurrt ein Hund?

Hunde knurren aus ganz unterschiedlichen Gründen. Fast allen ist gemein, dass sie einen Wunsch nach Abstand ausdrücken.

Sei es, weil dein Hund sich von etwas bedroht fühlt und den Auslöser durch das Knurren auf Abstand halten will. Das kann offensichtlich sein, wenn dein Hund Angst vor fremden Männern hat und knurrt, wenn sich ihm einer nähert. Oder auch, wenn dein Hund auf Artgenossen aggressiv reagiert und nicht möchte, dass ihm einer zu nahe kommt.

Es ist auch möglich, dass dein Vierbeiner eine Gefahr wahrgenommen hat und durch das Knurren darauf aufmerksam machen will. In diesem Fall ist es eine Warnung an seinen Sozialverband à la „Achtung, da ist etwas Gefährliches.“ Und sind wir mal ehrlich: mit ihren Sinnen sind uns unsere Hunde haushoch überlegen!

Seitliches Profil von bellendem Schaeferhund
Bevor ein Hund eskaliert, zeigt er oft Anzeichen. Unter Anderem ein Knurren.

Ein Auslöser kann aber auch für uns Menschen weniger offensichtlich sein: Dein Hund liegt entspannt auf der Couch und du möchtest dich dazusetzen. Oder ein kleines Kind kommt auf ihn zugestürmt und will ihn streicheln. Für uns Menschen sind das keine bedrohlichen Situationen und kein Grund zu Knurren.

Für deinen Hund kann das aber anders aussehen. Entweder weil er nicht weiß, dass du ihn nicht von seinem bequemen Platz auf der Couch verscheuen willst, sondern dich einfach daneben setzen kannst. Oder weil er regelmäßig verscheucht wird und nun seinen bequemen Platz verteidigen möchte.

Aus Hundesicht stellen gerade kleinere Kinder, die tollpatschig, vielleicht sogar mit ausgestreckten Händen auf Augenhöhe auf ihn zustürmen, eine bedrohliche Situation dar. Hunde und Kinder müssen erst den empathischen Umgang miteinander lernen.

Ressourcenverteidigung

Ein weiterer Grund, warum dein vierbeiniger Freund knurrt, kann Ressourcenverteidigung sein. Er möchte etwas verteidigen, das ihm wichtig ist, etwa den oben erwähnten bequemen Platz auf dem Sofa. Aber auch besonders leckeres Futter, seinen Kauknochen, sein Spielzeug oder auch dich. Was eine wichtige Ressource ist, entscheidet dein Hund.

EIn Hund knabbert an einem Knochen.
Manche Hunde verteidigen durch Knurren einen Kaugegenstand

Knurren als Anzeichen für Schmerzen

Und natürlich muss ebenfalls daran gedacht werden, dass Hunde knurren können, wenn sie Schmerzen haben und sie entweder eine Berührung vermeiden wollen oder ihnen eine Berührung wehtut. Das kann offensichtlich sein (eine Wunde, eine gerade aufgetretene Verletzung beim Rennen) oder auch durch chronische oder lange verschleierte Schmerzen für uns Menschen unerwartet gezeigt werden.

Vielleicht kennst du das Knurren auch von deinem Vierbeiner, wenn du mit ihm zum Tierarzt gehst. Je nachdem, welche Erfahrungen er dort bereits gemacht hat, kann es sein, dass er auf die Annäherung des Arztes oder der Helfer mit Knurren reagiert, weil er Schmerzen erwartet.


Noch mehr Informationen zur Hundesprache findest du in diesem Artikel.


Knurren beim Spielen, was bedeutet das?

Außer den oben genannten Gründen für das Knurren gibt es noch das sogenannte „Spielknurren“. Dieses zeigen einige Hunde bei Zerrspielen oder sehr körperbetonten Spielen. Im Gegensatz zu den anderen Formen ist das Spielknurren nicht mit Angst oder Aggression verbunden, sondern tatsächlich spielerisch gemeint. Wenn dein Vierbeiner also knurrt, während ihr gemeinsam am Tau zerrt, darfst du gerne weitermachen.

Voraussetzung: es ist echtes Spiel. Dein Hund ist grundsätzlich weich in seiner Körpersprache, macht große, weiche Bewegungen und übertreibt mit allem ein bisschen.

Anders sieht es aus, wenn dein Hund in seiner Körpersprache immer steifer und drohender wird und dabei seine Rute immer weiter nach oben geht. In diesem Fall kann es sein, dass die Stimmung von spielerisch zu ernst gekippt ist. Deshalb ist es immer wichtig, die Situation genau zu beobachten, um die Lage richtig einzuschätzen.

Zieh und Zerrspiegel mit Hund
Gerade bei Zerrspielen knurren viele Hunde

Warum knurrt mein Hund mich an?

Dafür gibt es nicht die eine Antwort.

Die Auslöser können ganz verschieden sein. Es kann von einer Bedrohung über Schmerzen hin zu Spiel alles bedeuten. Knurren ist nicht gleich Knurren, so wie bei uns Menschen auch nicht jedes Schreien das Gleiche bedeutet.

Wie du auf das Knurren reagieren solltest

Knurren ist normale hündische Kommunikation. Wenn dein oder ein Hund knurrt, ist das allererste und wichtigste, was du tust: stehen bleiben und mit dem, was du getan hast, aufhören! Wie du dann weiter vorgehst, hängt von den Auslösern ab. Da das Knurren so viele verschiedene Auslöser haben kann, gibt es nicht das eine Rezept dafür.

Wichtig ist jedoch eins: Du solltest das Knurren niemals bestrafen!
Der Grund dafür ist ganz einfach: du verbietest deinem Hund damit „Das ist mir unangenehm“ auszudrücken ohne zu schnappen oder zu beißen. Aber du änderst nichts an dem Gefühl. Sprich, dein Hund fühlt sich oder seine Ressource immer noch bedroht oder es tut ihm etwas weh. Er traut es sich jetzt nur nicht mehr durch Knurren auszudrücken.

Und was kommt auf der Eskalationsleiter nach dem Knurren? Schnappen und Beißen.

Hunde, denen das Knurren verboten wurde, wählen meistens den nächsten Schritt und beißen zu. Ihre Vorwarnung – das Knurren – lassen sie weg und werden somit zu einer Gefahr, die du nicht mehr einschätzen kannst.


Woran du eine mögliche Eskalation erkennen kannst, erfährst du in diesem Artikel zu den Eskalationsstufen beim Hund.

Ein großartiges Video zum Thema „Hilfe, mein Hund knurrt! Darf der das?“ findest du hier im YouTube-Kanal von Alexandra von 4Pfoten on Tour:

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Weitere Informationen

Viel sinnvoller ist es, den Grund für das Knurren herauszufinden und an genau diesem Auslöser zu arbeiten.

Wenn dein Hund Angst vor etwas hat, kannst du ihm durch positives Training helfen, diese abzubauen. Beim Tierarzt nennt sich das „Medical Training“ und sollte möglichst begonnen werden vor der ersten schmerzhaften Erfahrung.

Das Gleiche gilt, wenn er auf etwas aggressiv reagiert. Ein „Tauschen“-Signal kannst du schon deinem Welpen beibringen. Sollte dein Vierbeiner seine Ressourcen verteidigen, dann habt ihr auf diesem Gebiet Übungsbedarf. Du möchtest sicherlich ebenfalls nicht, dass dir irgendjemand einfach etwas für dich wichtiges wegnimmt. Du sagst dann „Stopp“. Nichts anderes macht dein Hund mit seinem Knurren.

Und wenn er dich durch sein Knurren auf eine vermeintliche Gefahr aufmerksam machen möchte, ist das doch etwas Gutes. Was er in diesem Moment braucht, ist Sicherheit und keine weitere Bedrohung durch seine Bezugsperson.

Ein Tierarzt untersucht die Augen eines Dackels
Untersuchungen lässt nicht jeder Hund so gelassen mit sich machen

Da das Knurren eine so wichtige Ausdrucksform ist, kannst du es – je nach Situation – sogar belohnen.

Ein Beispiel:
Dein Vierbeiner knurrt, weil sich ihm jemand nähert, vor dem er Angst hat. Du lobst ihn dafür und sorgst nun dafür, zu dieser Person Abstand aufzubauen. Genau das ist es ja, was dein Hund in diesem Fall möchte: Distanz. Dazu kann es reichen, dich vor deinen vierbeinigen Freund zu stellen, einen Schritt zurückzugehen oder die Person zu bitten, nicht näherzukommen.

Durch das Loben und deine folgende Reaktion lernt dein Hund, dass du seine Kommunikation verstehst und ernst nimmst. Zukünftig wird er dadurch auch weiterhin knurren und dir somit deutlich mitteilen, wenn für ihn etwas nicht stimmt. Gleichzeitig solltest du natürlich mit ihm am eigentlichen Auslöser für das Knurren trainieren, damit er seine Angst abbauen kann.

Einige Mitmenschen werden auf diese Vorgehensweise mit Unverständnis reagieren, da für sie das Knurren etwas Negatives ist, das verboten werden sollte. Diese Denkweise beruht jedoch auf falschem Wissen und schadet letztendlich nur der Beziehung zwischen dir und deinem tierischen Freund.

Hunde brauchen unser Verständnis für ihre Kommunikation

Fazit – Knurren ist nichts Schlimmes

Knurren gehört zur normalen hundlichen Kommunikation und ist eine wichtige Ausdrucksform. Es zu verbieten, kann sehr gefährlich sein, da dein Vierbeiner nicht mehr warnen darf und daher bei einer Bedrohung unter Umständen direkt zubeißt.

Viel besser ist es, die Auslöser zu erkennen, daran zu trainieren und deinen Hund für das Knurren zu loben. Damit vermittelst du ihm Sicherheit und er lernt, dass du ihn verstehst. Und das ist die wichtigste Grundlage für ein harmonisches Zusammenleben.

Welche Erfahrung hast du schon mit knurrenden Hunden gemacht?

Wir freuen uns wie immer über jeden Kommentar!

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Autor dieses Beitrags: Stefanie Vogt

Ich bin Steffi, bekennende Tiernärrin, Dosenöffner für ehemals drei Kater und aktuell drei Hunde: zwei portugiesische Herdenschutzhunde sowie ein Terriermischling. Ich möchte mit meinen Beiträgen allen Tierbesitzern helfen, ihre Lieblinge noch besser zu verstehen. Dabei helfen mir sowohl meine medizinische Ausbildung als auch mein tierpsychologisches Studium.

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